Kampagne für mehr Sichtbarkeit älterer schwuler Männer
Mehr als Alt!
Ältere schwule Männer engagieren sich bundesweit aktiv in der Zivilgesellschaft sowie in der kommunalen, Bundes- und Landes-Altersarbeit. Sie schaffen selbstorganisierte Räume für Begegnungen, Austausch und Unterstützung. Innerhalb der LSBTIQ*-Community setzen sie sich für mehr Sichtbarkeit und Anerkennung der emanzipatorischen Leistungen älterer Generationen und positive Altersbilder ein. BISS e.V. unterstützt ab Juni 2024 das hohe Engagement älterer schwuler Männer und von Vereinen der LSBTIQ*-Community in der Altersarbeit zusätzlich mit der Kampagne „Mehr als Alt!“.
Mit der Kampagne setzen wir uns für ein selbstbestimmtes und diskriminierungsfreies Altern, Chancengleichheit, Teilhabemöglichkeiten sowie Anerkennung emanzipatorischer Leistungen für die LSBTIQ*-Community ein. Die Materialien unserer Kampagne stellen wir Dir ab Anfang Juni 2024 für dein Engagement vor Ort kostenfrei zur Verfügung, z.B. für Stände auf den Straßenfesten rund um die CSDs oder Veranstaltungen zur Altersarbeit bei Dir vor Ort.
Ältere einbeziehen!
Anerkennung der emanzipatorischen Leistung
Staatliche Verfolgung und gesellschaftliche Ächtung haben in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts das kollektive Erleben von Generationen schwuler Männer geprägt. Mit der ersten Liberalisierung des § 175 StGB in der Bundesrepublik Deutschland konnte sich an Anfang der 70er Jahre die schwule Emanzipationsbewegung entfalten. Für viele schwule Männer ein Scheideweg. Die einen begannen, sich öffentlich politisch und aktivistisch zu engagieren. Andere drängten die Erfahrungen mit der strafrechtlichen Verfolgung in die Zurückgezogenheit oder heterosexuelle Ehen.
Die AIDS-Krise in den 80er Jahren stelle für schwule Männer erneut eine Zäsur in ihrer bis dahin hart erkämpften Selbstbestimmtheit dar. Viele mussten miterleben, wie Partner und Freundeskreise verstarben und sahen sich einer wieder zunehmenden Stigmatisierung durch die Gesellschaft, Medien und Politik ausgesetzt.
Aus den Erfahrungen der Illegalität, der Emanzipation und der AIDS-Krise entstanden neue Formen und erste Grundsteine der Selbstorganisation und Selbstvertretung schwuler Männer und heute der LSBTIQ*-Community. Sie schafften Räume für Austausch, Teilhabe und den politischen Diskurs, um der gesellschaftlichen Ausgrenzung, Diskriminierung und Stigmatisierung entgegenzuwirken.
Die damals jungen und jüngeren schwulen Männer gehören heute den älterwerdenden und älteren Generationen schwuler Männer an. Sie setzen sich aktiv mit den Herausforderungen des Älterwerdens in einer heteronormativ geprägten Gesellschaft und auf Jugend und Leistungsfähigkeit bezogene Selbstbilder in der schwulen Community, auch für zukünftige Generationen, auseinander. Zur Anerkennung der Leistungen älter schwuler Männer und
HIV-positiver Menschen fordern wir:
- wertschätzenden Umgang mit Älteren in der Community
- Einbeziehung Älterer in der Community
- Anerkennung der emanzipatorischen Leistungen älterer Generationen
Diskriminierungsfreie Pflege für alle!
Selbstbestimmtes Leben und eine diversitätssensible Pflege
Pflege ist mehr als die Betreuung von Menschen bei Krankheit und während der Rehabilitation. Nach der Weltgesundheitsorganisation finden auch physische, psychische und soziale Aspekte des Lebens in ihrem Einfluss auf Gesundheit, Krankheit, Behinderung und Sterben Berücksichtigung. Nur durch biografisches und lebensweltbezogenes Wissen sind Pflegekräfte in der Lage, die Bedürfnisse und das Handeln ihrer Patient*innen besser zu verstehen.
Unterstützungs- und Pflegebedürftigkeit birgt für schwule Männer und HIV-positive Menschen aufgrund der entstehenden Abhängigkeitssituation eine besondere Herausforderung. Weitverbreitet sind bei homosexuellen Menschen die Ängste, dass ihre selbstbestimmten Lebensweisen in Einrichtungen der Altenhilfe keine Berücksichtigung finden oder sie gar Diskriminierung erfahren (BISS-Index). Viele Ältere zögern bei der Inanspruchnahme von dringend benötigten Pflegedienstleistungen aus Angst vor Diskriminierung, der Trennung von ihren Wahlfamilien und dem Verlust ihrer hart erkämpften Selbstbestimmung.
Die biografieorientierte Pflegeberatung und Pflege beruht deutschlandweit zum größten Teil auf einem heteronormativ-binär geprägtem Gesellschafts- und Familienbild. Die Regelstrukturen der Altenpflege sind meist nicht auf die Anforderungen an und die Bedarfe für eine diversitätssensible Pflege von schwulen Männern und HIV-positiven Menschen sensibilisiert. Es fehlt an Teilhabeangeboten in Pflegeeinrichtungen und in der Community, um der Vereinsamung und Isolation Älterer entgegenzuwirken.
Mangelnde Fachkenntnisse zu HIV führen zur Stigmatisierung und Verweigerung von Pflegedienstleistungen bei HIV-positiven Menschen. Hinzu kommt eine abnehmende Dichte an schwerpunktmedizinischer Versorgung HIV-positiver Menschen. Insbesondere im ländlichen Raum, zunehmend auch in größeren Städten, führt diese dazu, dass die wichtige Abstimmung der HIV-Therapie auf die Behandlung altersbedingter Erkrankungen nicht gewährt werden kann. Für eine selbstbestimmte und diskriminierungsfreie Pflege fordern wir:
- Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen für Multiplikator*innen in den Regelstrukturen der Pflegeberatung und Pflege
- Ermöglichung von Teilhabe unterstützungs- und pflegebedürftiger älterer Menschen in der LSBTIQ*-Community
- Verpflichtende Integration und Umsetzung von LSBTIQ*- und HIV-sensiblen Lernmodulen in der Pflegekräfteausbildung
- Verpflichtende Qualitätsstandards für eine diskriminierungs- und stigmatisierungsfreie Pflege von LSBTIQ* und HIV-positiver Menschen als Voraussetzung für die Vergabe von Pflegeaufträgen an Träger der Altenhilfearbeit
Selbstvertretung stärken!
Aktive Teilhabe in der Community und Gesellschaft
Ein selbstbestimmtes Leben, die Ermöglichung der Daseinsentfaltung sowie die politische Chancengleichheit sind Grundvoraussetzungen für die Teilhabe in unserer Gesellschaft. Gesellschaftliche Teilhabe ist im Rahmen des biopsychosozialen Gesundheitsverständnisses ein wichtiger Faktor der Gesundheitsförderung und Prävention. Heteronormative Vorannahmen in der Gesellschaft, in den Regelstrukturen der Senior*innenarbeit und der Altenhilfe erschweren schwulen Männern und HIV-positiven Menschen den Zugang zu gesellschaftlicher und politischer Teilhabe in ihrem Lebensumfeld.
Viele ältere schwule Männer und HIV-positive Menschen engagieren sich aktiv und selbstorganisiert in der Zivilgesellschaft, z.B. in der Altersarbeit in den Kommunen sowie auf Landes – und Bundesebene. Mehrheitlich ehrenamtlich organisierte Teilhabegruppen bieten im Vergleich zu den Regelstrukturen der Altenhilfearbeit geschützte Räume u.a. zum Erleben von Gemeinschaft, zum Austausch über zielgruppenspezifische altersbezogene Themen sowie zur gegenseitigen Unterstützung unter Gleichgesinnten. Ihre Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Einsamkeit und Isolation älterer schwuler Männer und HIV-positiver Menschen. Zusätzlich setzen sich auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene Vereine der LSBTIQ*-Community für mehr Chancengleichheit und Partizipation Älterer ein.
Gleichzeitig fördern sie alle gemeinsam die Öffnung der kommunalen Altersarbeit, z. B. durch die Mitwirkung in Senior*innen- oder Pflegebeiräten sowie der Quartiersarbeit für ältere LSBTIQ*. Für mehr Teilhabechancen und Partizipation älterer fordern wir:
- Förderung von Maßnahmen zur Stärkung der Selbstorganisation Älterer in der Teilhabearbeit
- Feste Plätze für ältere LSBTIQ* in den Gremien der kommunalen sowie Bundes- und
Landes-Altenhilfearbeit - Förderung von Bundes- und Landesfachstellen sowie Beratungsstellen in der offenen Senior*innenarbeit
- Förderung von sozialgerechter und diskriminierungsfreier Teilhabe
Kampagnenmaterial
So geht’s!
Kampagne anfragen
Für Veranstaltungen vor Ort kannst Du für den Veranstaltungszeitraum entweder einen Kampagnen-Banner oder eine Kampagnen-Messewand sowie dazugehörige Flyer, Postkarten und Aufkleber bei uns anfragen. Dafür benötigen wir folgende Angaben:
- Nutzungsrahmen, z.B. für einen Info-Stand auf dem CSD-Straßenfest oder eine Veranstaltung
- Nutzungszeitpunkt
Die Zurverfügungstellung von Bannern oder der Messewand richtet sich nach deren Verfügbarkeit. Informationsmaterialien wie Flyer oder Postkarten können von Dir auch unabhängig von den Bannern angefragt werden.
Nutzungsbedingungen in Kürze
Den Banner oder die Messewand lassen wir Dir für den Veranstaltungszeitraum als Leihgabe zukommen. Diese verbleiben zu jedem Zeitpunkt im Besitz von BISS e.V. und werden von Dir nach der Nutzung an uns zurückgeschickt. Die Flyer, Postkarten und Aufkleber kannst Du über den Veranstaltungszeitraum weiterverwenden, z.B. zur Auslage in Räumlichkeiten der Community oder zum Verteilen bei weiteren Veranstaltungen.
Der Hin- und Rückversand sowie die Nutzung unserer Kampagne sind für Dich kostenlos.
Bitte gehe sorgsam mit den ausgeliehenen Materialien um, damit diese auf weiteren Veranstaltungen genutzt werden können.
Die Banner, Flyer, Postkarten und Aufkleber dürfen nicht auf Demonstrationen gezeigt bzw. verteilt werden.
Der Hin- und Rückversand sowie die Nutzung unserer Kampagne sind für Dich kostenlos.
Bitte lese vorab die kompletten Nutzungsbedingungen.